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Bitterfotze fickt sich hoch – dagegen sieht Charlotte Roche alt aus

Heiße Beine

„Hochgefickt“. „Bitterfotze“. „Vögelfrei“. „Mösenbetrachtungen“ — ganz erstaunlich, was sich Verlage heute alles einfallen lassen, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erhaschen … Frivole Fotos, scharfe Sprüche – und doch ist es wie in der Lebensmittelwerbung: Meist ist kaum was davon drin, was drauf steht. Massenhaft leere Versprechungen also. Und hinterher sind die LeserInnen so schlau wie vorher.

Anders im „Delta der Venus“, für mich DER Erotik-Klassiker. Anaïs Nin hat sich was getraut, das damals als unerhört galt. Auch heute noch darf gestaunt werden. Das Buch der Franco-Kubanischen Autorin ist zwar etwas in die Jahre gekommen, zweifellos aber immer noch kompromisslos erotisch. Nix mit Fließband-Sex. Da könnte man sich ja gleich platte Pornofilme reinziehen – „Unter dem Dirndl wird gejodelt“ oder so. Die haben alle eine Peinlichkeit gemeinsam: Weil sie verbal nichts zustande kriegen, die feschen Popper, retten sie sich in die Lachnummer. Stammtischnaher Verbalsex sozusagen, Charlotte Roche mag es „ungestümer Witz“ nennen, bei Olli Kahn hieße es wohl schlicht „Eier zeigen“. Eine Frage fehlender Fantasie. Dabei törnt Dirty Talking, so’s der Mann kann, Frauen richtig an.

Edel-Erotik geht anders. So wie im „Delta der Venus“. „Anstandlose Geschichten“ von Kira O. und Carlos v. Kent ebenso. Nicht zuletzt die Rezensionen zum Hörbuch gleichen Titels beweisen das. Hier eine Auswahl:

„Es ist hier nicht von Fernfahrerkassetten die Rede. Auch geht es nicht um Sexstories, wie sie in Blitz-Illu und anderen Fachmagazinen zu finden sind. Das Hörbuch »Anstandslose Geschichten« weiß vielmehr darum, dass Umschreibungen viel sinnlicher sind als platte Zoten. In fünf knisternden Geschichten lotet die CD das erotische Potential der Hansestadt aus – Schauplätze sind unter anderem ein Dachboden in Winterhude, der Stadtpark und eine vergitterte Villa an der Elbe.“ (Kulturnews Hamburg)

“Dieses Hörbuch ist eines der wenigen erotischen Hörbücher, das mir gefallen hat. Sind die meisten entweder zu “hart” (und außer wildem Gestöhne ist nicht viel zu vernehmen) oder zu “weich” (Groschenromane lassen grüßen) trifft dieses Werk genau den Kern. Anstandslos – ja, vulgär – selten. In jedem Fall empfehlenswert.” (Frauenportal www.das-erotische-sekretariat.de)

„Sehr anregend! Diese Sammlung erotischer Geschichten bedient verschiedene Vorlieben, ohne sich auf eine Richtung festzulegen. Voyeuristische Spiele, die etwas anders enden als geplant, ein intensiver Quicky auf einem Konzert, ein Au-Pair-Mädchen auf einem einsamen Weingut – mal springt die Erzählung mitten ins Geschehen, mal nimmt sie sich Zeit für ein längeres Vorspiel. Auch die Erzähler und der Stil der Episoden wechseln, was das Hörbuch noch abwechslungsreicher gestaltet. Insgesamt eine gute Stunde leidenschaftlicher erotischer Unterhaltung, die jeden Hörer befriedigen sollte. Empfehlenswert! Unsere Rezension: **** (www.echthoerbuch.de)

Wer hineinschnuppern will, gerne: Hier isteine kostenlose Leseprobe aus dem neuen E-Book:

http://www.neobooks.com/werk/7137-anstandslose-geschichten.html


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Böse Blumen: Wie anstößig dürfen Gedichte sein?

Was für ein Skandal, als die Erstausgabe in den Verkauf gelangte – mit einer Auflage von rund 1100 Exemplaren und wahrscheinlich vorwiegend unter dem Ladentisch. Schon zwei Wochen später hatte die Staatsanwaltschaft eine Strafverfolgung eingeleitet – wegen Gotteslästerung und Beleidigung der öffentlichen Moral! Stein des Anstoßes: Les Fleurs du Mal (Die Blumen des Bösen), ein Gedichtband von Charles Baudelaire. Im Verlauf des Prozesses wurde der Schriftsteller wegen „Verhöhnung der öffentlichen Moral und der guten Sitten“ verurteilt und die weitere Veröffentlichung von sechs „anstößigen“ Gedichten verboten.

Wer war dieser Baudelaire? Etwa ein Lustmolch, des nachts nackt mit der Dichterfeder in der Hand unterwegs, um zur Massenkopulation unter Pariser Laternen aufzukitzeln? Ein Sittenstrolch, der in gereimter Form eine Sauerei an die andere reihte? Heute kaum noch nachzuvollziehen solche Anschuldigungen, da es wimmelt von Buchtiteln wie „Feuchtgebiete“ „Die sexuellen Phantasien der Frauen“ oder „Hochgefickt“ (vielleicht habt Ihr hierzu schon den Kommentar von Kira O. in unserer Kolumne gelesen).

Möglicherweise, so ließe sich lästern, war es der Neid auf die Liebesbeziehung Baudelaires zu der dunkelhäutigen Jeanne Duval, warum die Herren Richter den freizüngigen Dichter verurteilten – und anschließend wahrscheinlich schnurstracks ins nächste Bordell eilten.

Heute ruft zum Glück niemand mehr nach dem Staatsanwalt, wenn auf dem Umschlag von „Die Blumen des Bösen“ zu lesen ist: „Die Gedichte Baudelaires entdecken die ästhetische Faszination des Abnormen, Unheimlichen, Verfallenen und den Reiz des Grauens. Sie beschreiben Verzweiflung und sexuelle Besessenheit, die Qual des Schwankens zwischen Geist- und Tiernatur des Menschen.“

Für das Cover wäre man zu Baudelaires Böse-Blumen-Zeiten (1857) wohl im Gefängnis gelandet. Damals ließ die Obrigkeit solcherart Anstößigkeiten in speziellen „Giftkammern“ verschwinden. Nur „Befugte“ hatten Zutritt. Unter ihnen vermutlich auch diejenigen, die „anstößige Gedichte“ per Gerichtsurteil geißelten.

Nun ja, die Zeiten ändern sich und heute sind Museen und Galerien voll von Beweisen, dass öffentliche Moral und heimliche Ausschweifungen schon immer ein seltsames Zwillingsdasein führten. François Boucher und Gustave Courbet, Zeitgenossen des Dichters, haben genau das in ihren Bildern dokumentiert. Dass die größte pornographische Sammlung in der Vatikanischen Bibliothek zu finden ist, soll aber angeblich nur eine weit verbreitete Legende sein.